Online gedenken: Wie das Internet unseren Umgang mit Trauer verändert
Die Kraft der Gemeinschaft
Trauer ist seit jeher ein Prozess, den man am besten gemeinsam durchlebt. Ob bei der Beerdigung, beim anschließenden Kaffeetrinken oder beim Telefonat mit einem guten Freund: Der Austausch mit anderen Menschen spendet Trost und gibt Halt. In Zeiten, in denen Familien und Freundeskreise oft über die ganze Welt verstreut sind, bieten Online-Gedenkportale eine Möglichkeit, diese wichtige Gemeinschaft neu zu erleben. Unabhängig von Zeit und Ort.
Online-Gedenkportale ermöglichen es, die Erinnerung an geliebte Menschen auf vielfältige Weise lebendig zu halten – nicht als Ersatz für das persönliche Abschiednehmen, sondern als sinnvolle Ergänzung um eine zusätzliche Dimension. Sie ermöglichen Trauer und Gedenken auch dann, wenn wir vielleicht nicht zur Beerdigung kommen können, aber dennoch Anteil nehmen möchten – oder wenn wir das Grab später nicht mehr vor Ort besuchen können, aber dennoch einen Moment der Verbundenheit suchen.
Dabei kann der Blick in ein digitales Kondolenzbuch für viele Trauernde fast so etwas wie ein regelmäßiger Friedhofsbesuch werden. So wird der virtuelle Raum zu einer tröstenden Alternative. Auch um die Trauer mit anderen zu teilen.
Was bieten Online-Gedenkportale?
Stellen Sie sich einen virtuellen Ort vor, an dem Sie jederzeit Ihre Trauer und Ihr Mitgefühl ausdrücken können. Einen Ort, an dem Sie sich an den Verstorbenen erinnern und Ihre Erinnerungen mit Familie und Freunden teilen können. Online-Gedenkportale, die oft von Bestattungshäusern zur Verfügung gestellt werden, machen genau das möglich.
In der Regel stehen den Hinterbliebenen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die Seite nach eigenen Vorlieben zu gestalten und so den Verlust auf ganz persönliche Weise zu verarbeiten. Auf diesen persönlichen Gedenkseiten finden Sie häufig:
- die Traueranzeige, die den Verstorbenen würdigt
- die Möglichkeit, online Kerzen anzuzünden und persönliche Worte des Gedenkens zu hinterlassen
- Fotos und Erinnerungsstücke, die ein lebendiges Bild der Persönlichkeit zeichnen
Ein Vorteil dieser digitalen Gedenkstätten ist ihre Beständigkeit. Alles bleibt dauerhaft im Netz verfügbar. Und im Gegensatz zu physischen Gedenkstätten, die eventuell schwer zu erreichen sind, bietet die digitale Lösung einen denkbar einfachen Zugang. Freunde und Familie können noch Jahre später auf die Inhalte zugreifen, Beiträge hinzufügen oder einfach in Gedanken verweilen. So entsteht ein zeitloser Raum, der Generationen überdauern kann und die Erinnerung an den geliebten Menschen lebendig hält.
Weitere Weg der digitalen Trauer
Neben Online-Gedenkportalen bieten heute auch professionelle Trauerplattformen die Möglichkeit, Verlust und Trauer online zu verarbeiten. Ein bekanntes Beispiel ist die Seite „Via. Trauer neu denken.“ der Malteser. Diese Online-Beratung ermöglicht es Trauernden, rund um die Uhr Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auf der Plattform können sich Ratsuchende per E-Mail mit qualifizierten Trauerbegleitern über ihre Gedanken und Gefühle austauschen. Ein großer Vorteil dieses Angebots ist die Möglichkeit, anonym zu bleiben, was vielen Menschen hilft, offener über ihre Trauer zu sprechen.
Soziale Medien und Online-Foren haben ebenfalls einen wichtigen Platz in der Online-Trauerarbeit eingenommen. Plattformen wie Facebook, Instagram und X (ehemals Twitter) dienen als virtuelle Gedenkstätten. Spezielle Trauergruppen in sozialen Netzwerken bieten zudem einen geschützten Raum für den Austausch mit anderen Betroffenen.
Im Internet finden sich zudem auch spezielle Trauerforen und -chats. Diese bieten oft themenspezifische Unterstützung, zum Beispiel für Eltern, die ein Kind verloren haben, oder für Menschen, die nach einem Suizid trauern. Solche Foren ermöglichen einen niederschwelligen Zugang zu Hilfe und können besonders für Menschen wertvoll sein, die in ihrem unmittelbaren Umfeld wenig Verständnis für ihre Trauer finden.
Die neue Trauerkultur: öffentlich und interaktiv
Ob Online-Gedenkportal, Social Media oder Internet-Foren – die neue Digitalisierung der Trauer bringt eine gewisse Öffentlichkeit mit sich. Während Trauer früher oft als sehr privat galt, wird sie heute zunehmend sichtbar. Das kann befreiend wirken und dazu beitragen, das Thema Tod aus der Tabuzone zu holen. Gleichzeitig ermöglicht es einen interaktiveren Umgang mit der Trauer: Menschen können sich austauschen, einander Trost spenden und gemeinsam Erinnerungen pflegen.
Gerade in Zeiten, in denen persönliche Begegnungen seltener werden, zeigt sich, wie wertvoll der virtuelle Austausch als Ergänzung im Trauerprozess sein kann. Denn Momente der Verbundenheit helfen seit jeher, den Schmerz des Abschieds gemeinsam zu bewältigen.
Autor:
Jörg Zimmerling
Bildquelle:
pixabay / jane_mary_snyder
